Am 9. April 2025 trafen sich Vertreter von 17 Schulen aus den verschiedensten Regionen der Oberpfalz im Kolpinghaus Regensburg zu einem Netzwerktreffen. Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte waren gekommen, um sich über Projekte und Ideen der SOR-SMC-Schulen auszutauschen. Das Siegel „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ tragen 115 Schulen in der Oberpfalz und 4400 Schulen deutschlandweit. Dabei geht es aber nicht darum, diese Auszeichnung als Plakette im oder am Schulgebäude anzubringen, sondern Schulgemeinschaften zu erschaffen, in denen Rassismus und Diskriminierung keine Chance haben.
Höchst interessiert lauschten die Zuhörerinnen und Zuhörer zu Beginn der Veranstaltung dem Zeitzeugen Ernst Grube, geboren 1932. Er war Kind einer jüdischen Mutter und eines nichtjüdischen Vaters und musste ab November 1938 drei Jahre in einem Kinderheim verbringen, da die Familie aus der Wohnung vertrieben worden war. Auch durfte er nur noch in eine spezielle Schule für Juden gehen und erlebte Anfeindungen der Bevölkerung: Ernst Grube wurde in der Öffentlichkeit angespuckt und durfte kein Schwimmbad, kein Kino und keine Trambahn mehr benutzen. Besonders schlimm sei es für ihn außerdem gewesen, ab Oktober 1941 den Judenstern tragen zu müssen. Auch nach 80 Jahren erinnert er sich immer noch gut an die Ablehnung, die er damals als Jude erfahren hat, vor allem dann, wenn er von ähnlichen Ereignissen, wie etwa den respektlosen Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland, in der heutigen Presse hört.
Foto: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wzwz_190505_sph_02.jpg
Dem Publikum berichtete der rüstige 92-Jährige auch von der psychischen Belastung für seine Eltern: Seine Mutter durfte ihren Beruf als Krankenschwester nicht mehr ausüben, sondern musste Zwangsarbeit verrichten. Am 20. November 1941 schließlich wurden die ersten Kinder aus seinem Heim in ein KZ im Osten deportiert. Im März 1942 folgte ein zweiter Transport nach Polen. Er blieb als einer der wenigen Kinder übrig und kam in ein Lager in Milbertshofen, wo er auf engem Raum mit Gleichaltrigen zusammenleben musste.
Viele Juden hofften damals auf ein Ende des Krieges, so erzählt er, als sie von den Niederlagen der Deutschen im Krieg hörten. Doch im Februar 1945 kam der Deportationsbefehl für seine Mutter, ihn und seine zwei Geschwister, woraufhin alle vier ins Ghetto Theresienstadt kamen. Dort lebten im Durchschnitt 40.000 Häftlinge, obwohl das Lager nur für 7000 gebaut war. Die Enge sei unglaublich gewesen, so Ernst Grube.
Schockiert lauschten die meist jugendlichen Zuhörerinnen und Zuhörer, was Grube von den Monaten im KZ Theresienstadt erzählte. Ab April 1945 seien dort mehrere Tausende Häftlinge aus aufgelösten Konzentrationslagern im Osten eingetroffen. Als Zwölfjähriger habe er gesehen, wie die ankommenden Menschen sich halb tot aus den Waggons auf die Wiese stürzten, um Gras zu essen. Am 8. Mai 1945 wurde das KZ endlich durch die Armee der Sowjetunion befreit und danach konnte Ernst Grube zumindest zwei Jahre seiner Schulzeit nachholen, lernte Malermeister und setzte sich schon bald für Frieden und gegen die Einführung der Bundeswehr ein.
In einem anschließenden Gespräch wurden die vielen Fragen der Anwesenden geklärt. Besonders beeindruckt zeigten sich alle von den vielen persönlichen Eindrücken, die Ernst Grube schilderte und die für ihn präsent wie gestern zu sein scheinen. Die Standhaftigkeit seines Vaters habe ihm immer Hoffnung gegeben, sagt der Zeitzeuge des Holocaust. Jener habe sich nie von seiner jüdischen Frau getrennt, obwohl man ihm das des Öfteren nahegelegt habe. Das damalige System habe er als Kind nicht verstanden, aber die Verspottung und die Atmosphäre der Angst hätten ihn stark geprägt.
Die heutigen negativen Entwicklungen seien für ihn unfassbar, Probleme zwischen Nationen müssten durch Dialog und gegenseitiges Aufeinander-Zugehen gelöst werden. Grube sprach sich mehrmals vehement für Ab- statt Ausrüstung aus – Krieg und Gewalt seien niemals eine Lösung.
Fasziniert von diesem starken Charakter gingen die Teilnehmer in die Mittagspause und fanden sich nach jener in verschiedenen Workshops ein. Besonders gewinnbringend war aber auch der Austausch untereinander, sodass die Schülerinnen Emma Kufner, Louisa Schimbera und Amelie Sartip aus der 8a viele neue Ideen für das Albertus-Magnus-Gymnasium mitnehmen konnten.
Nina Eckert